Ein Knackpunkt - Malte Grabisch wurde von dem Helmstedter Jan Frenkel unsanft zu Fall gebracht. Dieser sah den roten Karton - Grabisch verwandelte den fälligen 7m nervenstark.Wer braucht schon den Tatort im Ersten, wenn man einem packenden Krimi live und hautnah in der Meerbachhalle beiwohnen kann? Die Oberliga-Handballer der HSG Nienburg hatten am Samstagabend vor den 86 zugelassenen Zuschauern einen zunächst unlösbar wirkenden Fall zu lösen, lagen gegen die HF Helmstedt-Büddenstedt zur Pause mit fünf Treffern hinten (14:19).
Dank einer brillanten Aufholjagd der rot-schwarzen „Kommissare“ wurden die Gäste schließlich doch noch gestellt und verhaftet: 33:30-Sieg für die Mannen um Kapitän Malte Grabisch – Fall gelöst!
Die Gäste von der niedersächsischen Grenze zu Sachsen-Anhalt eröffneten den unterhaltsamen Abend mit den ersten beiden Treffern. Erst nach acht Minuten hatten die Nienburger ihre Startschwierigkeiten überwunden und glichen zum 5:5 aus. Doch vieles erinnerte an die zweite Halbzeit der vergangenen Woche, in der die HSG in Lehrte den Sieg klanglos aus der Hand gab.
Die Hausherren fanden einfach keine Spur, um den Handballfreunden aus Helmstedt auf die Schliche zu kommen. Die Gäste genossen diesen Freiraum und bauten sich ein komfortables fünf-Tore-Polster zur Pause auf: 14:19. Nienburgs Kapitän Malte Grabisch stellte fest: „Vergangene Woche war es die zweite, heute die erste Halbzeit, die wir verpennt haben.“
Nach dem Seitenwechsel verschob sich der Tatort des Geschehens. Wie ausgewechselt agierte Rot-Schwarz und knappste den Helmstedtern Tor um Tor ab. Der immer noch spürbar nicht ganz fitte Grabisch führte seine Jungs an, traf selbst elfmal und war damit Topshooter des Abends. Die Räume, die der „Traktor“ freiräumte, nutzten seine Kollegen.
Steve Kählke, der nach einem Sturz auf den Kopf in Lehrte noch fast die ganze Woche mit einem Hirnschleudertrauma zu kämpfen hatte, bewies sich einmal mehr als echte Kämpfernatur. Die Youngster Paul Hildebrandt und Finn Kühlcke, die beide noch wenige Stunden zuvor bei der Zweitvertretung in der Verbandsliga auf der Platte gestanden hatten, gaben jeglichen jugendlichen Leichtsinn ab und agierten so abgeklärt, als würden sie bereits seit zehn Jahren in der Oberliga auflaufen. Und dann war da noch Kreisläufer Kai Bergmann, der sich unermüdlich an seinen größeren Gegenspieler vorbeiquetschte und im Abschluss eiskalt blieb.
Fast wurde die Verfolgungsfahrt der Nienburger abrupt unterbrochen: In der 37. Minute bekamen Kählke und HSG-Keeper Matthias Ende zeitgleich eine Zeitstrafe aufgebrummt. Aber aus diesem offensichtlichen Nachteil entwickelte sich das goldene Los für die HSG.
Der ins Tor gerückte Ludwig Meierhans, der ebenso wie Kühlcke und Hildebrandt schon für die Reserve gespielt hatte, hielt weltmeisterlich und musste fast sechs Minuten keinen Ball aus dem Netz fischen. In doppelter Unterzahl kassierten die Hausherren keinen Gegentreffer – im Gegenteil: Sie glichen zum 22:22 aus.
So leicht wollten sich die Gäste jedoch nicht verhaften lassen und schossen zurück; erspielten sich mithilfe von Nienburger Abschlussproblemen eine 29:27-Führung (55.). Einen nicht unerheblichen Beitrag trugen nun die Referees bei, die zum Unmut der Helmstedter in strittigen Szenen meist für die Heim-Sieben entschieden. Diese Tatsache soll aber nicht den bärenstarken Endspurt der Weserstädter schmälern, denn sie warfen alles in die Waagschale und sicherten sich letztlich den ausgelassen umjubelten 33:30-Erfolg.
HSG-Coach Thomas ballte die Siegerfaust: „Die erste Halbzeit war einfach richtig schlecht. Was wir alles verworfen haben ... – Kompliment an das Team, dass es so stark zurückgekommen ist. Ein Start mit 0:4 Punkten wäre echt enttäuschend gewesen – jetzt gehen wir gelassen in die Herbstferien-Pause.“
HSG Nienburg: Ende, Meierhans 1 geh. 7m – Grabisch 11/6, K. Bergmann 7, Kühlcke 6, Hildebrandt 1, Gudmundsson 1, Ence 1, L. Bergmann, Kählke 5, Wrede 1.
Strafwürfe: 6/6 – 4/5.
Zeitstrafen: 4 (Matthias Ende 1, Kristaps Ence 1, Steve Kählke 2) – 6.
Rote Karte: Helmstedts Johannes Frenkel (50.).
Spielfilm: 0:2, 5:5, 7:10, 12:16, 14:19 (30.), 18:22, 22:22, 25:25, 25:27, 27:29, 31:29, 33:30 (60.).
Zuschauer: 86.
Quelle: Die Harke vom 12.10.2020; Keßler